Die Gräber der Sozialdemokraten

Adolph Hoffmann

23.3.1858 Berlin-1.12.1930 Berlin

 

Als nichtehelicher Sohn eines Dienstmädchens wuchs Adolph Hoffmann bei einer Tuchmacherfamilie in bitterer Not auf. Er konnte nur dreieinhalb Jahre die Volks- und Armenschule besuchen, lernte Graveur und kam über die Freireligiöse Gemeinde, der er sein Leben lang in führender Position verbunden blieb, 1876 zur Sozialdemokratie. Während des Sozialistengesetzes verfolgt und schließlich aus Berlin ausgewiesen, ließ er sich 1884 in Halle nieder. Landesweit bekannt machte ihn seine antiklerikale Schrift „Die zehn Gebote und die besitzende Klasse", die er in seinem 1891 in Zeitz gegründeten Verlag herausbrachte. Darin setzte er sich auch mit dem reaktionären Preußentum auseinander.

 

Hoffmann kehrte 1893 nach Berlin zurück und war als Verleger tätig. 1900 wurde er Berliner Stadtverordneter, 1904 für zwei Jahre Reichstagsmitglied und 1908 Mitglied des Preußischen Landtags. Er trat in fast allen Debatten zur Schul- und Kirchenpolitik hervor. Die Trennung von Staat und Kirche sowie die Einheitsschule waren seine Hauptanliegen. Als talentierter Redner, schlagfertig und mit Mutterwitz, war er äußerst beliebt. 1917 gehörte er zu den Gründern der USPD, von November 1918 bis Januar 1919 leitete er zusammen mit Konrad Haenisch das preußische Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung. 1920 trat Hoffmann - wieder in den Reichstag gewählt - für die Vereinigung der USPD mit der KPD ein, wurde Mitglied der Zentrale der Vereinigten KPD und leitete deren Reichstagsfraktion. Fast genau ein Jahr später verließ er die VKPD wieder und kehrte schließlich 1922 in die SPD zurück. 1925 wurde er erneut Stadtverordneter, drei Jahre später noch einmal Mitglied des Preußischen Landtags. Er zählte zum linken Flügel der SPD, wandte sich 1926 gegen die Fürstenabfindung und 1928 gegen die Bildung der Großen Koalition unter Hermann Müller-Franken (SPD).

Adolph Hoffmann - mit Zylinderhut - auf der

Beerdigung von Rosa Luxemburg am 13. Juni 1919. Bildarchiv SAPMO-BArch Y1-1186/68

Hermann Müller-Franken

18.5.1876 Mannheim-20.3.1931 Berlin

 

Hermann Müller, Sohn eines Sektfabrikanten, trat kurz nach Beginn seiner kaufmännischen Lehre in die SPD ein. 1899 wurde er Redakteur der „Görlitzer Volkszeitung" und 1903 Stadtverordneter in Görlitz. 1906 wurde er auf dem Parteitag als Sekretär in den Parteivorstand gewählt. Bei Kriegsausbruch unterstützte er die Bewilligung der Kriegskredite durch die SPD-Fraktion, obwohl er zunächst für Stimmenthaltung plädierte. Den Kritikern warf er Disziplinlosigkeit vor. 1916 wurde er Mitglied des Reichstags. Während der Novemberrevolution wurde er als Parteivorstandsmitglied in den Vollzugsrat der Arbeiter- und Soldatenräte Groß-Berlins entsandt und war einer der drei Vorsitzenden des vom 1. Reichsrätekongress gewählten Zentralrats. Dort wirkte er für die Entmachtung der Räte zugunsten der parlamentarischen Demokratie.

Hermann Müller-Franken um 1923. Bildarchiv SAPMO-BArch Y10-1031/67

1919 wählte ihn die SPD neben Otto Wels zum Parteivorsitzenden. Zum Außenminister ernannt unterzeichnete er den Versailler Friedensvertrag, den er für ungerecht aber unvermeidbar hielt. Nach dem Kapp-Putsch war er für wenige Monate Kanzler und gehörte danach der Fraktionsführung an. In beiden Positionen profilierte er sich als Realpolitiker. Nach den Wahlen 1928 wieder als Kanzler berufen, bildete er eine Große Koalition. Belastet durch die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise und anhaltender Reparationsforderungen scheiterte seine Regierung trotz Zugeständnissen an die bürgerlichen Koalitionspartner. Im März 1930 trat der letzte sozialdemokratische Kanzler der Weimarer Republik zurück. Durch die anschließende Tolerierung der Präsidialkabinette Brünings hoffte die SPD vergeblich, die parlamentarische Demokratie zu retten.

Präsidiumstisch des Reichsrätekongresses vom 16. bis 21. Dezember 1918. Sitzend von links: Hugo Heimann, Max Cohen-Reuss, Hermann Müller-Franken, Hermann Wäger, Georg Meyer. Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz

Johannes Stelling

12.5.1877 Hamburg-22.6.1933 Berlin

 

Johannes Stelling, Sohn eines Schneiders, lernte den Beruf eines Handlungsgehilfen und trat 1895 in die SPD ein. Bald war er als Redner auf Partei- und Gewerkschaftsversammlungen in den Bezirken Wasserkante und Mecklenburg bekannt. 1901 wurde er Vorsitzender des Lübecker Transportarbeitervereins und Redakteur der Zeitung „Lübecker Volksbote". Seit 1905 gehörte er der Lübecker Bürgerschaft an. 1919 wurde er zum Innenminister von Mecklenburg-Schwerin berufen und wirkte von 1921 bis 1924 als Ministerpräsident des Freistaats. Er war Mitglied der Nationalversammlung und des Reichstags.

 

Seit 1920/21 und hauptamtlich ab 1924 war Stelling im SPD-Parteivorstand tätig. 1925 wurde er Vorsitzender des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold für Berlin-Brandenburg. Seit 1928 gehörte er der Exekutive der Sozialistischen Arbeiter-Internationale an. Stelling verteidigte Ende der zwanziger Jahre die Große Koalition mit den bürgerlichen Parteien und die anschließende Tolerierung der Regierung Brüning und deren Notverordnungspolitik. Am 19. Juni 1933 wurde er noch kurz vor dem Verbot der SPD Mitglied des Parteivorstands. Zwei Tage später verschleppten ihn SA-Leute während der „Köpenicker Blutwoche" aus seiner Wohnung und ermordeten ihn bestialisch. Die in einen Sack eingenähte Leiche wurde Anfang Juli aus der Dahme geborgen.

Johannes Stelling um 1932. Bildarchiv SAPMO-BArch Y10-6189

Theodor Leipart

7.5.1867 Neubrandenburg-23.3.1947 Berlin

 

Der Sohn eines Schneiders lernte Drechsler in Hamburg. Er engagierte sich in der Drechslervereinigung und im Holzarbeiterverband und wurde in letzterem 1893 zweiter und 1908 erster Vorsitzender. Mit dem Gewerkschaftsführer Carl Legien war er eng befreundet. Im Ersten Weltkrieg unterstützte er die Burgfriedenspolitik der SPD-Führung und erarbeitete die Grundlagen für das 1918 abgeschlossene Arbeitsgemeinschaftsabkommen zwischen Gewerkschaften und Unternehmerverbänden, das zu Tarifverträgen und Achtstundentag führte. 1919 wurde Leipart württembergischer Arbeitsminister.

 

Nach dem Tod von Carl Legien Ende 1920, übernahm er im Januar 1921 den Vorsitz des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbunds (ADGB). Für den Erhalt gewerkschaftlichen Gestaltungsspielraums war er zu Zugeständnissen bereit, wie der Tolerierung der Notverordnungspolitik Brünings. Im April 1933 verhandelte er, zusammen mit anderen ADGB-Führern, mit Vertretern der NS-Betriebsorganisation, was innergewerkschaftlich sehr umstritten war. Die Zerschlagung des ADGB am 2. Mai 1933 konnte durch diese Politik nicht verhindert werden; er selbst wurde verhaftet. Während der Zeit des Nationalsozialismus hielt er Kontakt zum gewerkschaftlichen Widerstand. Nach 1945 engagierte sich Leipart für die Schaffung einer Einheitsgewerkschaft, befürwortete die Vereinigung beider Arbeiterparteien und trat in die SED ein.


Theodor Leipart 1946. Bildarchiv SAPMO-BArch Y10-1087/65



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